Saisonal & Regional

Monat für Monat durchs Jahr: Der ultimative Saisonkalender für Deutschland

Erdbeeren im Dezember? Kürbis im Mai? Geht schon, schmeckt aber bescheiden. Wer weiß, wann welches Obst und Gemüse bei uns Saison hat, isst nicht nur besser, sondern auch günstiger und nachhaltiger.

Saisonal & Regional  |  Lesezeit: ca. 7 Min.
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Zwischenablage

Früher war das noch einfacher. Da gab es Äpfel im Herbst, Kohl im Winter und Erdbeeren im Sommer – Punkt. Heute steht praktisch alles das ganze Jahr über in den Supermarktregalen. Klingt praktisch, führt aber dazu, dass viele Menschen völlig den Bezug dazu verloren haben, wann eigentlich was bei uns wächst und reif wird.

Dabei lohnt es sich, wieder mehr auf die Jahreszeiten zu achten. Saisonales Obst und Gemüse schmeckt nicht nur intensiver, es ist auch deutlich günstiger und belastet die Umwelt weniger. Wer schon mal eine Tomate im Januar und eine im August probiert hat, weiß, wovon ich rede. Der Unterschied ist gewaltig.

Warum saisonal kochen Sinn macht

Pflanzen entwickeln ihre Aromen dann am besten, wenn sie unter optimalen Bedingungen wachsen können. Tomaten brauchen viel Sonne und Wärme, Grünkohl hingegen wird erst durch Frost richtig süß. Zwingt man sie in andere Jahreszeiten, müssen sie in Gewächshäusern oder weit entfernten Ländern produziert werden – mit entsprechenden Einbußen bei Geschmack und Nährstoffgehalt.

Dazu kommt der Preisfaktor. Wenn gerade Erntezeit ist, schwemmt das Angebot den Markt – die Preise purzeln. Spargel kostet im Mai einen Bruchteil dessen, was man im März dafür hinblättern muss. Und mal ehrlich: Ist es nicht auch irgendwie schön, sich auf bestimmte Sachen zu freuen? Wenn es das ganze Jahr Erdbeeren gibt, verlieren sie ihren besonderen Reiz.

Januar und Februar – Die mageren Monate

Mitten im Winter ist die Auswahl tatsächlich überschaubar. Aber langweilig wird's trotzdem nicht. Jetzt haben verschiedene Kohlsorten ihren großen Auftritt: Wirsing, Weißkohl, Rotkohl und der mittlerweile hippe Grünkohl stehen bereit. Grünkohl übrigens erst nach dem ersten Frost – vorher ist er bitter wie nix Gutes.

Wurzelgemüse dominiert ebenfalls: Möhren, Rote Bete, Pastinaken, Schwarzwurzeln und Topinambur. Letzterer ist besonders interessant – schmeckt leicht nussig und enthält jede Menge Inulin, was gut für die Darmflora ist. Allerdings kann er bei manchen Menschen für... nun ja, nennen wir es "Verdauungsgeräusche" sorgen.

Bei den Salaten sind es hauptsächlich Feldsalat und Chicorée, die den Winter überstehen. Feldsalat, in manchen Gegenden auch Rapunzel genannt, hat jetzt seine Hauptsaison und schmeckt herrlich nussig.

März und April – Die ersten Frühlingsboten

Wenn die Tage länger werden, regt sich auch im Gemüsegarten wieder Leben. Radieschen gehören zu den ersten, die den Kopf aus der Erde strecken. Ihr scharfer Biss ist wie ein Weckruf für die Geschmacksnerven nach den milden Wintergemüsen.

Spannend wird es auch bei den Kräutern. Bärlauch sprießt jetzt in schattigen Wäldern – allerdings Vorsicht beim Sammeln, denn er sieht den giftigen Maiglöckchen zum Verwechseln ähnlich. Wer auf Nummer sicher gehen will, kauft ihn besser.

Ende April kommt dann endlich der Spargel. Deutscher Spargel wohlgemerkt, nicht die Stangen aus Peru oder Griechenland, die schon Wochen früher in den Läden liegen. Der Unterschied ist enorm – frischer, heimischer Spargel quietscht förmlich, wenn man ihn zusammendrückt.

Mai und Juni – Das große Erwachen

Jetzt geht's richtig los. Spargel hat Hochsaison, die ersten Erdbeeren werden reif und das Angebot wird endlich wieder vielfältiger. Kohlrabi, Rettich und die ersten jungen Möhren kommen dazu. Diese sind übrigens viel süßer und zarter als ihre Kollegen aus dem Herbst.

Bei den Salaten explodiert förmlich das Angebot: Kopfsalat, Lollo Rosso, Eichblatt, Rucola – alles da. Rucola war früher als Unkraut verschrien, heute gilt er als Delikatesse. Komisch, wie sich Geschmäcker wandeln.

Die ersten Kräuter stehen ebenfalls bereit. Petersilie, Schnittlauch, Dill – alle frisch und aromatisch. Wer einen Garten oder Balkon hat, sollte jetzt unbedingt frische Kräuter pflanzen. Der Unterschied zu den Gewürzen aus dem Glas ist wie Tag und Nacht.

Juli und August – Vollgas im Gemüsegarten

Der Höhepunkt des Gartenjahres. Tomaten, Gurken, Zucchini, Paprika – jetzt ist alles da, was das Herz begehrt. Tomaten erreichen jetzt ihre Geschmacksexplosion. Wer mal eine sonnenwarme Tomate direkt vom Strauch gegessen hat, versteht, warum Italiener so leidenschaftlich von ihren Pomodori schwärmen.

Zucchini haben jetzt ebenfalls Saison, und wer selbst welche anbaut, weiß: Eine Pflanze kann eine ganze Familie in Bedrängnis bringen. Die Dinger wachsen wie verrückt. Zum Glück lassen sie sich vielseitig verwenden – von der Suppe bis zum Kuchen.

Bei den Beeren ist Hochsaison: Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren, Johannisbeeren. Alle voller Vitamine und Antioxidantien. Heidelbeeren färben übrigens nicht nur die Zunge blau, sondern auch die Finger – ein sicheres Zeichen dafür, dass man echte, heimische erwischt hat.

September und Oktober – Erntezeit par excellence

Der Herbst ist die Zeit der großen Ernte. Äpfel und Birnen werden reif, Kürbisse leuchten orange auf den Feldern, und die Weintrauben erreichen ihre Süße. Äpfel gibt es jetzt in unglaublicher Vielfalt – von süßen Sorten wie Gala bis zu säuerlichen wie Boskoop.

Kürbisse haben jetzt ihren großen Auftritt. Nicht nur der Halloween-Kürbis, sondern auch kulinarische Sorten wie Hokkaido, Butternut oder Muskatkürbis. Hokkaido ist besonders praktisch, weil man die Schale mitessen kann – spart Arbeit und Vitamine bleiben erhalten.

Auch bei den Kohlsorten geht's wieder richtig los. Weißkohl für Sauerkraut, Rotkohl als Beilage zum Braten, Wirsing für deftige Eintöpfe. Blumenkohl und Brokkoli haben ebenfalls ihre beste Zeit.

November und Dezember – Vorbereitung auf den Winter

Die Auswahl wird wieder überschaubarer, aber es gibt noch einiges zu holen. Rosenkohl hat jetzt Saison – ein Gemüse, das man entweder liebt oder hasst. Richtig zubereitet (nicht totgekocht!) ist er aber durchaus lecker.

Verschiedene Nüsse werden jetzt geerntet: Walnüsse, Haselnüsse, Maronen. Frische Walnüsse schmecken viel milder als die getrockneten aus dem Supermarkt. Maronen geröstet sind ein Klassiker auf Weihnachtsmärkten – kann man aber auch zu Hause im Ofen machen.

Bei den Äpfeln kommen jetzt die Lagersorten dran. Diese sind oft nicht so hübsch anzusehen wie die Sommersorten, halten aber monatelang und entwickeln beim Lagern oft noch zusätzliche Aromen.

Praktische Tipps für den Saisonkalender-Alltag

Theorie ist schön und gut, aber wie setzt man das im Alltag um? Erstmal: Nicht verbissen werden. Es muss nicht perfekt sein. Wenn du mal Lust auf Tomaten im Winter hast, kauf sie ruhig – aber probier auch bewusst die Alternativen.

Ein Wochenmarkt ist gold wert. Dort gibt es meist nur saisonale Ware, und die Verkäufer können dir genau sagen, woher was kommt und wie es am besten zubereitet wird. Außerdem: Märkte haben Atmosphäre, die kein Supermarkt bieten kann.

Beim Einkaufen hilft ein einfacher Trick: Schau auf die Herkunft. Wenn Erdbeeren aus Spanien oder Chile kommen, während bei uns noch Schnee liegt, ist klar, dass sie nicht saisonal sind. Deutsche oder zumindest europäische Ware ist meist die bessere Wahl.

Haltbarmachen ist wieder im Trend. Einkochen, Einfrieren, Fermentieren – alles Methoden, um die Ernte zu konservieren. Selbstgemachtes Sauerkraut oder eingekochte Marmelade schmecken nicht nur besser, sondern verbinden auch mit den Jahreszeiten.

Der Blick über den Tellerrand

Saisonal zu essen bedeutet auch, neue Sorten zu entdecken. Pastinaken zum Beispiel waren früher ein Grundnahrungsmittel, dann aber völlig aus der Mode gekommen. Jetzt erleben sie ein Comeback – zu Recht, denn sie schmecken süßlich und eignen sich super für Suppen oder als Püree.

Oder Topinambur, auch Erdartischocke genannt. Sieht aus wie Ingwer, schmeckt aber ganz anders – leicht nussig und süßlich. Kann roh als Salat oder gekocht als Beilage verwendet werden. Allerdings sollte man sich langsam herantasten – der hohe Inulingehalt kann am Anfang für Blähungen sorgen.

Auch alte Apfelsorten sind wieder gefragt. Boskoop, Berlepsch oder Kaiser Wilhelm bieten Geschmackserlebnisse, die man in keinem Supermarkt findet. Viele haben intensivere Aromen als die modernen Züchtungen, sind aber oft nicht so lange haltbar oder optisch perfekt.

Wer richtig experimentierfreudig ist, kann auch mal Wildkräuter probieren. Löwenzahn, Brennnessel oder Giersch wachsen praktisch überall und sind kostenlos zu haben. Aber Achtung: Nur sammeln, was man hundertprozentig sicher bestimmen kann, und nicht an vielbefahrenen Straßen oder in Hundegebieten.

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