Kochtipps & Tricks

Die besten Gelatine-Alternativen: Agar-Agar, Johannisbrotkernmehl & Co.

Gelatine aus Schweineknochen war gestern. Heute gelieren wir mit Meeresalgen, Johannisbrotkernen und anderen pflanzlichen Helfern. Das Beste daran? Sie können oft mehr als ihr tierisches Pendant.

Kochtipps & Tricks  |  Lesezeit: ca. 7 Min.
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Wer denkt schon gerne daran, dass in seinem Lieblings-Panna-Cotta zermahlene Tierknochen und -häute stecken? Gelatine hat zwar jahrhundertelang treue Dienste in unseren Küchen geleistet, aber mittlerweile gibt es deutlich appetitlichere Alternativen. Die sind nicht nur für Veganer interessant, sondern bringen oft auch bessere Eigenschaften mit – und manchmal sogar einen Hauch Exotik auf den Teller.

Warum überhaupt Alternativen zur Gelatine?

Herkömmliche Gelatine wird aus Kollagen gewonnen, das wiederum aus Knochen, Haut und Bindegewebe von Schweinen oder Rindern stammt. Schön ist anders. Dazu kommt: Gelatine ist ziemlich zickig. Sie löst sich nur in heißem Wasser richtig auf, wird bei zu hohen Temperaturen instabil und hat diese nervige Eigenschaft, bei Zimmertemperatur zu schmelzen – wer kennt es nicht vom Gummibärchen, das in der Hosentasche zur klebrigen Masse wird.

Pflanzliche Geliermittel hingegen sind oft hitzebeständiger, gelieren auch bei niedrigeren Temperaturen und bleiben bei Raumtemperatur stabil. Manche können sogar heiße Flüssigkeiten gelieren, ohne dass du erst warten musst, bis alles abgekühlt ist. Praktisch, oder?

Agar-Agar: Der Klassiker aus dem Meer

Agar-Agar ist wohl die bekannteste Gelatine-Alternative und wird aus verschiedenen Rotalgenarten gewonnen. Hauptsächlich kommt es aus Asien, wo es schon seit Jahrhunderten verwendet wird. Das Zeug sieht aus wie kleine weiße Flocken oder Pulver und ist geschmacksneutral – perfekt also.

Was Agar-Agar richtig stark macht: Es geliert bereits bei 85 Grad und bleibt bis 85 Grad stabil. Du kannst also problemlos heiße Suppen oder warme Desserts damit zubereiten, ohne dass alles wieder flüssig wird. Die Konsistenz ist etwas fester und brüchiger als bei Gelatine – manche beschreiben es als "knackiger". Das kann gewöhnungsbedürftig sein, bringt aber auch interessante Texturen mit sich.

Dosierung ist bei Agar-Agar eine kleine Wissenschaft für sich. Als Faustregel gilt: Ein Teelöffel Agar-Agar-Pulver reicht für etwa 250 Milliliter Flüssigkeit. Aber Vorsicht – zu viel davon und dein Dessert wird zur Gummisohle. Weniger ist manchmal definitiv mehr.

Johannisbrotkernmehl: Der Allrounder mit Geschichte

Johannisbrotkernmehl, auch als Carob oder E 410 bekannt, wird aus den Samen der Johannisbrotschoten gewonnen. Diese Bäume wachsen hauptsächlich im Mittelmeerraum und sind echte Überlebenskünstler – sie kommen mit wenig Wasser aus und können uralt werden.

Spannend ist dabei, dass Johannisbrotkernmehl nicht nur geliert, sondern auch verdickt. Es funktioniert sowohl in kalten als auch in heißen Flüssigkeiten und ist dabei ziemlich nachsichtig, was die Dosierung angeht. Du brauchst etwa einen halben Teelöffel pro 250 Milliliter Flüssigkeit – deutlich weniger als bei anderen Geliermitteln.

Der Geschmack? Praktisch neutral, mit einem ganz leichten nussigen Unterton, der meist gar nicht auffällt. Johannisbrotkernmehl eignet sich besonders gut für Cremes, Puddings und Saucen, weil es eine sehr geschmeidige Konsistenz erzeugt. Ein echter Tausendsassa also.

Guarkernmehl: Klein aber oho

Guarkernmehl stammt aus den Samen der Guarbohne, die hauptsächlich in Indien und Pakistan angebaut wird. Das feine weiße Pulver hat eine enorme Quellfähigkeit – ein kleiner Löffel reicht für literweise Flüssigkeit. Hier gilt wirklich: Weniger ist mehr, sonst wird alles zur zähen Pampe.

Besonders praktisch: Guarkernmehl funktioniert auch in kalten Flüssigkeiten einwandfrei. Du rührst es einfach ein und wartest ein paar Minuten – fertig ist die Verdickung. Das macht es ideal für kalte Desserts, Smoothies oder auch herzhafte Saucen, die nicht gekocht werden sollen.

Die Konsistenz ist eher cremig als fest-geliert, was bei manchen Rezepten genau das Richtige ist. Wichtig zu wissen: Guarkernmehl kann bei empfindlichen Menschen zu Verdauungsproblemen führen, deshalb sollte man es sparsam dosieren.

Xanthan: Der Profi-Trick aus der Molekularküche

Xanthan klingt erstmal chemisch, ist aber tatsächlich ein natürliches Produkt. Es entsteht durch Fermentation von Zucker mit dem Bakterium Xanthomonas campestris. Keine Sorge – das hört sich schlimmer an, als es ist. Xanthan ist seit Jahrzehnten als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und gilt als unbedenklich.

Was Xanthan besonders macht: Es verdickt extrem effektiv, aber geliert nicht fest. Die Konsistenz bleibt eher flüssig bis cremig, je nach Dosierung. Ein Messerspitzchen reicht oft schon für eine ganze Schüssel. Und das Beste: Es funktioniert bei jeder Temperatur und ist säurebeständig.

Köche in der Molekularküche schwören drauf, weil sich damit interessante Texturen kreieren lassen. Du kannst zum Beispiel Flüssigkeiten verdicken, ohne den Geschmack zu verändern, oder "falsche" Gele herstellen, die beim Löffeln wieder flüssig werden.

Pektin: Nicht nur für Marmelade

Pektin kennen die meisten nur aus der Marmeladenherstellung, aber es kann viel mehr. Es kommt natürlich in vielen Früchten vor, besonders in Äpfeln und Zitrusfrüchten. Für den Hausgebrauch gibt es Pektin meist als weißes Pulver zu kaufen.

Der Clou bei Pektin: Es braucht Säure und Zucker zum Gelieren. Das macht es perfekt für fruchtige Desserts und Gelees, aber weniger geeignet für herzhafte Gerichte. Die Konsistenz ist eher weich und elastisch – ähnlich wie bei guter Marmelade eben.

Hochmethyliertes Pektin (HM-Pektin) ist der Standard für süße Anwendungen, niedrigmethyliertes Pektin (LM-Pektin) funktioniert auch mit weniger Zucker. Letzteres ist interessant, wenn du zuckerarme Varianten herstellen möchtest.

Pfeilwurzelstärke und Konjak: Die Exoten

Pfeilwurzelstärke, auch Arrowroot genannt, wird aus den Wurzeln der Pfeilwurzpflanze gewonnen. Sie geliert sehr sanft und erzeugt glänzende, klare Gele. Besonders in der asiatischen Küche ist sie beliebt. Der Vorteil: Sie funktioniert auch bei niedrigen Temperaturen und ist sehr gut verträglich.

Konjak-Pulver stammt aus der Konjakwurzel und ist in der japanischen Küche ein alter Hut. Es enthält Glucomannan, einen Ballaststoff, der extrem quellfähig ist. Konjak-Gele sind sehr fest und haben eine charakteristische, etwas gummiartige Textur. Sie sind praktisch kalorienfrei – ein Grund, warum Konjak-Nudeln als Diät-Food gehyped werden.

Praktische Tipps für den Küchen-Alltag

Jedes Geliermittel hat seine Eigenarten, und manchmal braucht es ein bisschen Übung, bis man den Dreh raus hat. Hier ein paar Tricks aus der Praxis:

Agar-Agar muss komplett aufgekocht werden, sonst geliert es nicht richtig. Einmal aufkochen, kurz köcheln lassen, dann kannst du es verarbeiten. Saure Zutaten wie Zitronensaft schwächen die Gelierkraft, also lieber etwas mehr verwenden.

Bei Johannisbrotkernmehl und Guarkernmehl ist gründliches Einrühren das A und O. Am besten mit einem Schneebesen richtig durchmixen, sonst bilden sich Klumpen. Ein alter Profi-Trick: Das Pulver zuerst mit etwas Zucker vermischen, dann zur Flüssigkeit geben – so verteilt es sich besser.

Xanthan ist extrem ergiebig. Fang mit winzigen Mengen an – wir reden hier von Messerspitzen, nicht Teelöffeln. Zu viel davon und die Konsistenz wird schleimig. Nicht schön.

Geschmack und Konsistenz: Was passt wozu?

Die Wahl des richtigen Geliermittels hängt stark davon ab, was du erreichen möchtest. Für klare, feste Gele ist Agar-Agar unschlagbar. Es eignet sich perfekt für Aspik, klare Desserts oder auch für herzhafte Terrinen.

Cremige Konsistenzen gelingen am besten mit Johannisbrotkernmehl oder Guarkernmehl. Diese sind ideal für Puddings, Cremes oder auch vegane "Buttercreme" für Torten. Die Textur ist weich und angenehm im Mund.

Für fruchtige Sachen ist Pektin erste Wahl. Es verstärkt sogar den Fruchtgeschmack leicht und gibt diese typische "Marmeladen-Konsistenz", die einfach perfekt zu Beeren und anderen Früchten passt.

Wer experimentierfreudig ist, kann auch mischen. Eine Kombination aus Agar-Agar und Johannisbrotkernmehl zum Beispiel kann sowohl die Festigkeit des einen als auch die Cremigkeit des anderen nutzen. Hier heißt es: ausprobieren und den eigenen Geschmack finden.

Wo kaufen und wie lagern?

Die meisten Gelatine-Alternativen bekommst du mittlerweile in gut sortierten Supermärkten, im Bioladen oder online. Agar-Agar und Johannisbrotkernmehl sind inzwischen fast überall verfügbar. Xanthan und Guarkernmehl findest du eher in Reformhäusern oder Spezialgeschäften.

Bei der Lagerung sind die meisten sehr genügsam. Trocken und luftdicht verschlossen halten sie sich jahrelang. Nur Feuchtigkeit mögen sie gar nicht – dann klumpen sie oder verlieren ihre Wirkung. Ein luftdichtes Glas oder eine verschließbare Dose reicht völlig aus.

Preislich liegen die pflanzlichen Alternativen meist höher als herkömmliche Gelatine, aber da die Ergiebigkeit oft besser ist, gleicht sich das teilweise wieder aus. Und mal ehrlich: Für ein gutes Gewissen und bessere Eigenschaften lohnt sich die kleine Mehrausgabe allemal.

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